Lautstärkeregler des Chorus 1 und Concert 1 Radio reparieren
Eigentlich ist das ein schönes Radio. Ok, es ist mit seinem Kassettenteil etwas retro, ich nutze es aber ohnehin nur mit dem iPod über den Wechsleranschluss und da macht es soundtechnisch eine super Figur. Außerdem ist es das einzige Radio, das noch den 3-Leiter-Bus beherrscht und deshalb auch die Informationen im FIS anzeigt.
Der Lautstärkeregler dieser beiden Audi Radios neigt aber dazu nach einigen Jahren bei kalten Temperaturen sprunghaft die Lautstärke zu ändern. Nach Murphy‘s law auch genau in die Richtung, wo es einem das Trommelfell raus haut. Der verbaute Regler ist ein „Incremental Encoder“, weil er keinen Anschlag besitzt und die Drehrichtung durch zwei zeitlich differenzierte Signale errechnet. Die Spannung der Federkontakte lässt mit der Zeit nach und es kommt zu einem stärkeren Prellen der beiden Schaltsignale. Das irritiert den Mikroprozessor, der die Drehrichtung erkennt.
Der Drehregler ist aber so klein und komplex, das man da nicht viel reparieren kann, ohne ihn zu zerstören. Ich habe aber den Typ bestimmt, sodass man ihn sich bestellen und austauschen kann. Der Hersteller ist Alps und das Modell EC11E152U402. Hier kann man ihn recht günstig bei RS Online bestellen. Allerdings liefert der Shop nur an Gewerbetreibende oder Studenten. Mit der Typnummer findet man ihn aber auch woanders.
Zum Ausbau muss man nicht mal das Garantiesiegel brechen, was aber wohl nicht mehr relevant sein dürfte. Wer einen Lötkolben bedienen kann, hat die Sache in 5 Minuten erledigt.
Die gesamte Frontblende lässt sich abclipsen indem man von hinten mit einem Schraubenzieher rundherum den Rahmen vom Metallgestell hebelt. Ruhig Mut, es braucht ein wenig Kraft. An der Frontblende hängt eine einzige Platine, an der das Display, die Beleuchtung und alle Schalter montiert sind. In ein paar seltenen Fällen soll es wohl auch schon Versionen gegeben haben, bei denen die Blende verschraubt war.Die Verbindung zur Radioelektronik erfolgt durch zwei kleine Stecker, die automatisch ausrasten, wenn man die Blende nach vorne abzieht. Hat man das geschafft, muss man hinten an der Platine 6 Schrauben lösen. Hier sieht man auch schon die 7 Lötpunkte für den Drehregler. 2 Pins für den an/aus Schalter, 2 dicke Lötösen zur reinen Fixierung und drei Pins für die Drehrichtung. Wenn die Schrauben entfernt sind, kann man die Platine herausziehen. Hier auch wieder etwas Kraft aufwenden, denn der Kopf des Drehreglers sitzt recht fest am Kunststoffknopf. Dabei aber möglichst nicht schräg halten, sonst fallen die ganzen Gumminippel für die restlichen Tasten heraus. Falls doch, ist das aber auch kein Drama, die hat man schnell wieder befestigt. Das Display muss übrigens nicht entfernt werden, das interessiert uns nicht.
Nun hat man die Platine mit dem Drehgeber vor sich und muss den Alten erst mal entfernen. Das geht entweder mit einer Lötpumpe oder man knipst von der Vorderseite die Pins ab und kann dann alle Pins einzeln auslöten. Das Teil ist ja sowieso kaputt. Nun den neuen Drehregler erst mal 1:1 einlöten, verkehrt herum geht eh nicht, denn die Anzahl der Pins ist auf beiden Seiten verschieden.
Und jetzt kommts… So funktioniert der neue Drehregler eigentlich schon. Nur leider in die andere Richtung, wie beim Original. Dreht man den Regler im Uhrzeigersinn wird es leiser und umgekehrt. Ich habe keine Ahnung, warum der Hersteller das Bauteil geändert hat, oder ob es für Volkswagen da eine special Version gab. Aber keine Sorge, das können wir ganz einfach korrigieren. Man muss nur auf der Seite mit den 3 Pins die äußeren Beiden vertauschen, der Mittlere bleibt unberührt. Das gelingt am besten von der Vorderseite, indem man mit einer kleinen Nagelschere die Pins durchtrennt und dann über Kreuz mit Kupferlackdraht oder kleinen Kabeln wieder verlötet. Guck dir das Foto an, dann weißt du wie ich das meine. Das wars, einfach in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammen bauen. Ich hoffe, ich konnte ein paar wirklich gute Radios vor der Mülltonne bewahren.
Nachtrag: Es gibt bei diesem Lautstärkenproblem auch noch eine andere Ursache, als den Drehgeber. In diesen Fällen ist dann ein IC auf der Platine defekt. Einfacher Test: Ist der Drehgeber die Ursache, dann lassen sich auch Höhen, Bässe und Balance nicht Schritt-für-Schritt, sondern nur sprunghaft einstellen. (Danke an Michael)
13 Kommentare
1.
andreas schrieb am 14. April 2013 um 08:24
Das bringt nur leider nichts, da der Mikroprozessor in 95% der Fälle aufgrund einer fehlerhaften Programmierung den Geist aufgibt…
2.
Nico schrieb am 14. April 2013 um 10:58
Mag sein, dass es noch andere Fehlerquellen gibt, die sich auf den Lautstärkeregler auswirken, jedenfalls ist dies eine davon. Ich habe damit mehrere (!) Concerts wieder zum Laufen gebracht. So selten scheint ein defekter Drehgeber also nicht zu sein. Meines läuft übrigens seit 3 Jahren immer noch. Du kannst ja gerne für teures Geld dein Radio zur Reparatur einschicken.
3.
Sven schrieb am 06. September 2013 um 22:54
Ich danke nochmals. Es hat wirklich gut geklappt.
4.
Michael Klassmann schrieb am 11. Februar 2014 um 11:45
Vielen dank für die gute beschreibung, aber bei mir hat es leider auch nicht geklappt 😯 😯 😯
5.
Hansy schrieb am 04. September 2014 um 10:25
Hat jemand das mit dem Concert 2 gemacht?
6.
Steffi schrieb am 19. Januar 2015 um 18:20
Hat prima geklappt, danke für die Anleitung!
7.
Andreas schrieb am 06. Januar 2016 um 12:32
Vielen Dank für die tolle Anleitung 🙂
8.
Heinz Scheilz schrieb am 08. Januar 2016 um 11:05
man wird alt wie eine Kuh und lernt immer noch dazu!!! Danke für die Reparaturanleitung
9.
Michael schrieb am 21. Januar 2016 um 13:28
Die Anleitung ist toll. Aber leider in vielen Fällen nutzlos. Der Prozessor ist (fast) immer die Ursache und den gibt es nicht mehr. Einfacher Test: Ist der Drehgeber die Ursache, lässt sich auch der Klang (Höhen/Bässe) und die Balance nicht Schritt-für-Schritt sondern nur sprunghaft einstellen. Da das Problem meist nur Auftritt wenn der Prozessor kalt ist, bauen manche eine kleine Glühlampe als Heizung direkt auf den Prozessor… So was nennt sich „Workaround“. 😎
10.
Ralf schrieb am 12. März 2017 um 20:25
Die Anleitung ist top.
Also – ich hatte 2 Concert-Radios. Das erste ist mir bereits letztes Jahr gestorben (machte keinen Mucks mehr). Beim Ersatzgerät, dass ich mir billig über eBay ersteigert habe war dann das Poti dann wie oben beschrieben kaputt.
Eigentlich wollte ich nur das gesamte Frontpanel tauschen, was aber dann nicht ging – weil das erste eine Version war bei der das Frontpanel am Gehäuse verschraubt war – wie im Text kurz angeschnitten. Die Radios sehen zwar äußerlich gleich aus und machen das gleiche – elektronisch sind sie komplett anders: auch die Steckverbinder zur Leistungselektronik und die Position dieser sind komplett anders. Alles wurde über unzählige Mini-Torx Schrauben zusammengehalten – so ein Minitaurwerkzeug hatte ich nicht zur Hand – eine Schere tats auch.
Es blieb also nur die Möglichkeit der Drehgebertransplantation – Das Vorhaben funktionierte tadellos dank dieser Anleitung. Pins müssen in diesem Fall nicht gedreht werden.
😆
11.
Volker schrieb am 05. Januar 2019 um 10:24
Hallo!
Vielen Dank für die tolle Anleitung. Mein antikes Chorus hat es nun auch ereilt, natürlich im Winter und natürlich mit Tendenz zu „ARE YOU NUTS“-Lautstärke. Sehr toll, wenn hinten das Kind schläft und man eigentlich einfach nur die Verkehrsdurchsage etwas leiser drehen will… *grmpf*
Den ALPS EC11E152U402 Inkrementgeber gibts noch bei Amazon unter https://www.amazon.de/dp/B018COH1ZC und bei Farnell unter https://de.farnell.com/alps/ec11e152u402/drehgeber-push-lock-11mm-30d-15ppr/dp/2065016. RS Components ist allein schon hinsichtlich des Preises (25€!) prohibitiv.
Werde wohl die günstige Gelegenheit für eine Kassettenektomie (=Ausbau das Kassettenlaufwerks) nutzen und stattdessen entweder gleich einen MP3-Player mit USB-Buchse oder nur eine Line-In-Buchse einbauen. Mal sehen, was sich machen läßt.
Viele Grüße,
Volker
12.
Robert schrieb am 25. März 2021 um 17:32
Vielen Dank für die Anleitung!! Genau das habe ich gesucht.
13.
Maik schrieb am 28. Juli 2022 um 22:13
Den Beitrag hatte ich schon vor Jahren gelesen und fand ihn damals schon echt super.Nun bekam ich ein Skoda Symphony mit einem zerbrochenen Ein-Ausschalter.Als ich den Aluminiumstumpf aus der Plastikkappe holte kam mir das irgendwie sehr bekannt vor.Es dauerte allerdings etwas bis der Groschen rutschte.In meine Elektronikbastelkiste fand ich tatsächlich noch eine komplette Platine vom Chorus mit dem Schalter.Den also mühevoll ausgelötet und auf die Platine beim Skoda aufgesetzt.Toller Ahaeffekt als es funktionierte.Kurios war dann aber die Lautstärkeregrlung verkehrtherum.Und da viel mir dieser Beitrag mit den Lautstärkekuriosum ein denn mitlerweile hatte ich sebst es vergessen wie man das Problem löst.
Zum Glück gab es diesen Beitrag noch.